Juristische Eier

In der bisherigen Geschichte des Knickei-Ruine hat die Gemeinde Halstenbek schon mehrfach Gelegenheit gehabt, sich mit diesem Phänomen auch juristisch auseinanderzusetzen, beispielsweise in folgenden Angelegenheiten: Dabei hat sich besonders in den letzten Verfahren Gelegenheit ergeben, besonderen juristischen Scharfsinn zu entwickeln, der hiermit auch ein wenig der interessierten Öffentlichkeit näher gebracht werden soll:

Die Sache mit dem Briefkopf

Im Widerspruch der Gemeinde gegen die Zulässigkeit des zweiten Bürgerbegehrens (vom 08.12.2004 mit nachgereichter Begründung vom 10.05.2005) wurde geltend gemacht, daß der Zulässigkeitsbescheid des Landrats als Kommunalaufsicht auf dem falschen Briefpapier (mit der Angabe: Kreis Pinneberg, Landrat des Kreises Pinneberg, Kommunalaufsicht) geschrieben gewesen sei und daß der Zulässigkeitsbescheid demzufolge nichtig sei. Als Begründung wurde angeführt, daß "der Briefkopf geeignet sei, den Empfänger zu verwirren" und "sich für den Adressaten die Erlassbehörde nicht zweifelsfrei feststellen läßt".
Knickei.de ist empört und findet, daß eine solche Begründung schon an Verleumdung grenzt. Denn es wurde doch praktisch behauptet, daß der Halstenbeker Bürgermeister als Adressat nicht in der Lage ist, einen Brief von seinem Landrat zu erkennen. Es erscheint völlig unverständlich, warum der Bürgermeister eine solche Behauptung auf sich sitzen läßt.

Die Sache mit der Sperrfrist

Hier liegt ein Beispiel für eine spezielle flexible juristische Logik vor. Es geht dabei um den Beschluß der Gemeindevertretung vom 22.06.2004, beim Wiederaufbau der Sporthalle eine andere Konstruktion als eine Glasnetzkuppel anzustreben. Dieser Beschluß wurde 21 Monate nach dem Bürgerentscheid von 2002 gefaßt, lag zeitlich also noch innerhalb der Sperrfrist von 2 Jahren, in der kein neuer Grundsatzbeschluß zugelassen ist.
In der Begründung der Gemeinde für ihren Widerspruch gegen die Zulässigkeit des zweiten Bürgerbegehrens wird interessanterweise in zwei Richtungen argumentiert:
  1. Dieser Beschluß ist kein neuer Grundsatzbeschluß (denn sonst wäre er ja ungültig).
  2. Dieser Beschluß ist aber gleichzeitig doch ein Grundsatzbeschluß, und deshalb hätte das Bürgerbegehren innerhalb von 6 Wochen danach eingereicht werden müssen.
Erstaunlicherweise konnte sich weder die Kommunalaufsicht noch das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein mit dieser Logik anfreunden.

Die Sache mit dem "schwerwiegenden Grund"

Im Widerspruch der Gemeinde gegen die einstweilige Anordnung mit Untersagung der Auftragsvergabe zum Wiederaufbau wird angeführt, daß die Gemeinde rechtlich verpflichtet sei, eine bereits begonnene Ausschreibung zu Ende zu führen. Ein Abbruch der Ausschreibung sei nur mit einem "schwerwiegenden Grund" möglich, und die Tatsache, daß eine Mehrheit der Bürger bzw. ihrer politischen Vertreter nach Bekanntwerden neuer Informationen keinen Wiederaufbau mehr wollen, sei kein solcher schwerwiegender Grund.
Da fragt sich der erstaunte Beobachter, was denn dann wohl überhaupt ein schwerwiegender Grund sein könnte, vielleicht wenn ein Wunder geschähe und sich die Erde öffnete, und das Knickei ganz verschlänge?
Das Verwaltungsgericht war jedenfalls sehr wohl der Meinung, daß "durchaus Aufhebungsgründe nach Ziff. 1b und c der Vorschrift in Betracht" kommen.

Die Sache mit der Rechtswidrigkeit

Beim Beschluß der Gemeindevertretung im Juli 2005, das Knickei abzureißen, regte sich das feine Rechtsempfinden des Bürgermeisters und stellte einen "rechtswidrigen" Verstoß gegen die Vergabeordnung fest, weil es angeblich keine Möglichkeit für eine Aufhebung der Ausschreibung gäbe.
Erstaunlicherweise hatte allerdings das feine Rechtsempfinden des Bürgermeisters völlig versagt, als er im Dezember 2004 im Begriff war, den Wiederaufbauauftrag zu erteilen, obwohl gerade ein Bürgerentscheid dagegen zugelassen worden war. In diesem Falle mußte der Bürgermeister durch eine einstweilige Anordnung daran gehindert werden, gegen die Vorschrift der Gemeindeordnung zu verstoßen, die nach der Zulassung eines Bürgerentscheides keine Maßnahmen mehr gestattet, die dem Begehren entgegen stehen.


Es hilft nichts, das Recht auf seiner Seite zu haben. Man muß auch mit der Justiz rechnen.
Dieter Hildebrandt (23.05.1927 - ) dt. Kabarettist