Reime

Wenn Schiller das noch erlebt hätte, wäre sein Lied von der Glocke vielleicht so ausgefallen...


Das Lied von der Kuppel

(frei nach Friedrich Schiller)

Labora pro novum - ora pro ovum
Festgegossen in der Erden
steht die Form aus Sichtbeton.
Heute muß die Kuppel werden!
Leider brach sie zweimal schon.
Von der Stirne heiß
rinnen muß der Schweiß
soll das Werk den Meister loben;
Diesmal bleibt die Kuppel oben!

Zum Werke, das wir ernst bereiten,
geziemt sich wohl ein ernstes Wort;
Wenn gute Reden sie begleiten,
dann fließt die Arbeit munter fort.
So laßt uns jetzt mit Fleiß betrachten,
was durch unsre Kraft entsteht,
wir wollen diesmal danach trachten,
daß diese Kuppel länger steht,
und daß nicht wieder was passieret,
was hohnspricht unserem Verstand,
daß künftig unser Werk verzieret,
dich, Halstenbek, im ganzen Land.
Nach der Baukunst strengen Normen
wollen wir die Stoffe formen.
Jetzt Gesellen, schnell,
baut mir das Gestell
und der Baukran hebe
Träger hoch und Strebe.
Was wir hochgezogen,
füge sich zum Bogen.

Die äuß're Form der Kuppel sei
von schlichter Schönheit - wie ein Ei.
Das edle Beispiel dieser Form
verstärkt den Trainingsdrang enorm
bei Vätern, Müttern, Töchtern, Söhnen,
durch Sport den Körper zu verschönen.
Schon der Säugling darf hier üben
von mütterlichem Sinn getrieben,
der Mutterliebe zarte Sorgen
bewachen seinen goldnen Morgen.
Vom Barren reißt sich stolz der Knabe
er stürmt zum Fußball wild hinaus,
durchmißt den Fußballplatz im Trabe,
müd' kehrt er heim - ins Seitenaus.
Und der Trainer mit frohem Blick
von der Tribüne weitschauendem Giebel
überzählet sein blühend Glück.
Siehet der Geräte ragende Bäume
und der Garderoben gefüllte Räume
und die Turner, vom Salto gebogen,
und der Mädchen bewegte Wogen,
rühmt sich mit stolzem Mund,
fest wie der Erde Grund
gegen der Schwerkraft Macht
steht mir der Halle Pracht.
Doch mit des Geschickes Mächten
ist kein ewger Bund zu flechten
und das Unglück schreitet schnell.

Nehmet das Profil aus Stahl
und recht haltbar laßt es sein,
dazu in der rechten Zahl
Schrauben, Bolzen dann hinein,
fest die Muttern aufs Gewinde,
daß sich Streb an Strebe binde
und in sichrem Lager liege
sich zum großen Bogen füge

Wo rohe Kräfte sinnlos walten
da kann sich kein Gebild gestalten.
Drum strebt des Menschen ganzes Denken
mit Wissenschaft die Kraft zu lenken;
und für den allerhöchsten Bau
berechnet er die Last genau,
aus Massen, Wind und Niederschlägen,
setzt Tragwerk, Stützlinien dagegen,
und plant mit höchster Perfektion
die Statik jeder Konstruktion.
Menschenverstand mag triumphieren,
doch stolzer Sinn kann sich auch irren,
und sei der Fehler noch so klein -
die Katastrophe bricht herein.
Denn die Elemente hassen
das Gebild aus Menschenhand,
Unheil lauert in den Gassen,
Dächer sinken in den Sand,
Pfosten stürzen,
Scheiben klirren,
Kinder jammern, Mütter irren,
Turner wimmern
unter Trümmern,
alles rennet, rettet, flüchtet,
der stolze Bau ist ganz vernichtet.
In den öden Fensterhöhlen
wohnt das Grauen,
und des Himmels Wolken schauen
hoch hinein.

Drum Gesellen, gebet acht
daß ihr keine Fehler macht.
Schauet in den Plan
nehmet Maß sodann,
daß die Elemente passen
in den vorgeschriebnen Massen.
Konzentriert euch voll und ganz
aufs Einhalten der Toleranz.
Beton gibt einen festen Grund
darauf wölbt sich der Kuppel Rund
aus Stahl soll das Gerippe sein
und setzt mir jetzt die Scheiben ein.
Und macht mir die Falze dicht
daß mir keine Scheibe bricht.

Durchs Glas der Kuppel geht der Blick
läßt allzu Irdisches zurück,
und wie der Blick ins Freie dringt
sich aufwärts dann zum Himmel schwingt
und dort im hellen Sonnenlicht
hindurch zur reinen Klarheit bricht,
so soll es auch im Erdenleben
des Himmels reine Klarheit geben.
Klarheit und Wahrheit hört man's schallen
und Ordnung in der Menschen Hallen.
Heilge Ordnung, segensreiche
Himmelstochter, die das Gleiche
frei und leicht und freudig bindet,
die der Städte Bau gegründet,
soll auch hier im Rathaus walten
und der Bürger Recht gestalten,
wo die gewählte Obrigkeit
sich übt in edler Sparsamkeit.
Doch wehe, wenn sie losgelassen,
alle Rücklagen verprassen,
und wenn sich hebt der dumpfe Schleier
kreist über uns der Pleitegeier.
Da werden Weiber zu Hyänen
und ihr Entsetzen ist kein Scherz,
aus Männeraugen brechen Tränen
und Angst ergreift ihr kaltes Herz.
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen
sich alle Bande frommer Scheu,
Der Gute räumt den Platz dem Bösen,
und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
verderblich ist der Tiger frei,
jedoch der häßlichste der Schrecken,
- das ist das Halstenbeker Ei.

Wenn wir dies Bauwerk je vollenden
so soll es eine Lehre senden
und künden noch in fernen Tagen
womit wir heute uns hier plagen.
Bedenket dieser Warnung Wort:
Vorsicht mit einem Ei beim Sport!


Lübbert Kok (1999)
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